Zum Kirchencontrolling

Als Ergebnis mehrjähriger Beschäftigung mit den Problemen evangelischer Kirchen speziell in ihrem Kerngeschäft und mit hiermit im Zusammenhang stehenden Mängeln des kirchlichen Führungssystems legte der Verfasser dem Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität Hamburg im Sommer 2002 eine Dissertation zum Generalthema Kirchencontrolling vor. Im Frühjahr 2003 erfolgte die Promotion zum Dr. rer. pol.

Thema:     Zur Problematik des Kirchencontrollings mit besonderer Bezugnahme auf die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers

 Verfasser:     Prof. Gerhard Oetzmann,  Seevetal

Zusammenfassung des Inhalts der Dissertation:
Die Kirchen in Deutschland, speziell die einzelnen evangelischen Landeskirchen sind Ende des 20. und Anfang des 21. Jahrhunderts mit verschiedenen, teils gravierenden Problemen konfrontiert. Zielsetzung der aktuellen Untersuchung war zu reflektieren, ob und wie weit Kirchencontrolling wirksam zur Problemreduzierung beitragen kann. Soweit dabei die generelle Ebene verlassen werden mußte, ist die Untersuchung auf die hannoversche Landeskirche ausgerichtet. Die kritisierten Mißstände sowie die erarbeiteten Reformvorschläge sind aber keineswegs auf diese Landeskirche beschränkt.

Controlling wird als Führungskonzept gesehen und folglich vorrangig das kirchliche Führungssystem analysiert. Aus dem kirchlichen Zielbündel kommt dem Bindungsziel ("Möglichst viele Menschen möglichst eng an die eigene Landeskirche binden"), das aus dem im sog. "Missionsbefehl" gegebenen, im aktuellen Kontext eng gefaßten christlichen Kernauftrag abgeleitet ist, eine herausragende Bedeutung zu.

Bindung wird operationalisiert und begründet, daß die für die Wahrnehmung des Kernauftrags primär zuständigen Kirchengemeinden ihren auf die Bindung bezogenen Erfolg durch Anwendung des Controllings grundsätzlich steigern können. Jede daran interessierte Kirchengemeinde kann bei sich ein entsprechendes kirchengemeindliches Controlling einführen. Weder grundlegende Synodenbeschlüsse noch explizite Unterstützung seitens der übergeordneten kirchlichen Führungsebenen sind dazu erforderlich.

Für die landeskirchliche und die Kirchenkreisebene wurden eine Reihe von Führungsmängeln zusammengetragen. Beispielsweise wird Subsidiarität empfohlen, aber unzureichend praktiziert. Methoden der Personalführung sind bekannt, aber die Superintendenten als die auf mittlerer Ebene wirkenden Führungskräfte werden nur unzulänglich geführt und kontrolliert. Kirchlicherseits wird für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit plädiert, in der die Kirche den anderen Bereichen der Gesellschaft als Vorbild dienen soll. Dieses wird explizit auf die Verteilung von Arbeit und Geld bezogen. Im krassen Gegensatz hierzu steht beispielsweise, daß die Verfahren zur Pfarrstellenbemessung uneinheitlich sind, häufig bestimmte Gemeinden systematisch benachteiligen und teilweise gar feudale Züge tragen. Es ist davon auszugehen, daß die Gesamtheit der Führungsmängel wesentlich zur Gesamtheit der eingangs pauschal angesprochenen Kirchenprobleme beiträgt.

Bezüglich der Pfarrstellensteuerung kann die Nutzung eines vom Verfasser entwickelten, controllingbasierten Steuerungsmodells Abhilfe schaffen. Die hier zuständigen Kirchenkreise können das Modell übernehmen, ohne daß es einer Unterstützung "von oben" bedarf. Der Masse der Führungsmängel kann aber nicht mit lokalen Eingriffen oder einer simplen Einführung von Controlling abgeholfen werden. Angezeigt ist vielmehr eine tiefgreifende Reform des kirchlichen Führungssystems, speziell der obersten Führungsebene. Als Vorbild kann ein von A. Jäger in seinem Werk "Konzepte der Kirchenleitung für die Zukunft" vorgestelltes, Controlling einschließendes Modell dienen.
 

Promotionsausschuß:
Vorsitzender: Prof. Dr. rer. pol. Carl-Christian Freidank
1. Gutachter : Prof. Dr. rer. pol. Lothar Streitferdt
2. Gutachter : Prof. Dr. theol. Wulf-Volker Lindner
 

Stellungnahmen der Gutachter bezüglich der Dissertation "Zur Problematik des Kirchencontrollings ...":
Prof. Streitferdt: Herr Oetzmann hat sich in seiner Arbeit das Ziel gesetzt zu untersuchen und zu klären, inwieweit betriebswirtschaftliche Überlegungen helfen können, die für die Kirche relevanten Probleme zu lindern, wo die grundsätzlichen Chancen und Risiken eines auf die kirchlichen Kernaufgaben konzentrierten Kirchencontrollings liegen, wie es gestaltet werden kann und auf welcher Ebene es die größte Wirksamkeit entfalten kann. Er wendet das Konzept des Controllings auf eine sehr spezifische und schwierige Problemstellung an, bei der die Kernaufgabe der Kirche im Mittelpunkt steht.

Prof. Lindner: Die Ergebnisse der Untersuchung konfrontieren die Verantwortlichen in den Gemeinden, der Kirchenkreise und der landeskirchlichen Ebene auf heilsam differenzierte Weise mit einer Perspektive, die für Kirche erst einmal unvertraut ist wie beispielsweise
der Kontrolle,
dem Willen, Erfolg haben zu wollen,
Neugestaltung des Visitationsverfahrens,
Führung der Führungskräfte (Superintendenten).
Diese neue Perspektive wird in der Praktischen Theologie und in den Kirchen die wissenschaftliche und praktische Diskussion über das Entstehen von Engagement, Erfolgserlebnissen und Zufriedenheit der in der Kirche Tätigen und nicht zuletzt die Diskussion über die Verbesserung der Produkte (Predigt, Seelsorge, Unterricht) neu beleben.
 

Verlag Rita Oetzmann,   Auf dem Horn 5,  21220 Seevetal   
ISBN  3-00-011651-6                                Preis   28,-  Euro
 

Stand der Dokumentation: Februar 2007

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