Thema: Zur Problematik des Kirchencontrollings mit besonderer Bezugnahme auf die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers
Verfasser: Prof. Gerhard Oetzmann, Seevetal
Zusammenfassung des Inhalts der Dissertation:
Die Kirchen in Deutschland, speziell die einzelnen evangelischen
Landeskirchen sind Ende des 20. und Anfang des 21. Jahrhunderts mit
verschiedenen, teils gravierenden Problemen konfrontiert. Zielsetzung
der aktuellen Untersuchung war zu reflektieren, ob und wie weit
Kirchencontrolling wirksam zur Problemreduzierung beitragen
kann. Soweit dabei die generelle Ebene verlassen werden mußte,
ist die Untersuchung auf die hannoversche Landeskirche ausgerichtet.
Die kritisierten Mißstände sowie die erarbeiteten
Reformvorschläge sind aber keineswegs auf diese Landeskirche
beschränkt.
Controlling wird als Führungskonzept gesehen und folglich vorrangig das kirchliche Führungssystem analysiert. Aus dem kirchlichen Zielbündel kommt dem Bindungsziel ("Möglichst viele Menschen möglichst eng an die eigene Landeskirche binden"), das aus dem im sog. "Missionsbefehl" gegebenen, im aktuellen Kontext eng gefaßten christlichen Kernauftrag abgeleitet ist, eine herausragende Bedeutung zu.
Bindung wird operationalisiert und begründet, daß die für die Wahrnehmung des Kernauftrags primär zuständigen Kirchengemeinden ihren auf die Bindung bezogenen Erfolg durch Anwendung des Controllings grundsätzlich steigern können. Jede daran interessierte Kirchengemeinde kann bei sich ein entsprechendes kirchengemeindliches Controlling einführen. Weder grundlegende Synodenbeschlüsse noch explizite Unterstützung seitens der übergeordneten kirchlichen Führungsebenen sind dazu erforderlich.
Für die landeskirchliche und die Kirchenkreisebene wurden eine Reihe von Führungsmängeln zusammengetragen. Beispielsweise wird Subsidiarität empfohlen, aber unzureichend praktiziert. Methoden der Personalführung sind bekannt, aber die Superintendenten als die auf mittlerer Ebene wirkenden Führungskräfte werden nur unzulänglich geführt und kontrolliert. Kirchlicherseits wird für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit plädiert, in der die Kirche den anderen Bereichen der Gesellschaft als Vorbild dienen soll. Dieses wird explizit auf die Verteilung von Arbeit und Geld bezogen. Im krassen Gegensatz hierzu steht beispielsweise, daß die Verfahren zur Pfarrstellenbemessung uneinheitlich sind, häufig bestimmte Gemeinden systematisch benachteiligen und teilweise gar feudale Züge tragen. Es ist davon auszugehen, daß die Gesamtheit der Führungsmängel wesentlich zur Gesamtheit der eingangs pauschal angesprochenen Kirchenprobleme beiträgt.
Bezüglich der Pfarrstellensteuerung kann die Nutzung eines vom
Verfasser entwickelten, controllingbasierten Steuerungsmodells Abhilfe
schaffen. Die hier zuständigen Kirchenkreise können das
Modell
übernehmen, ohne daß es einer Unterstützung "von oben"
bedarf. Der Masse der Führungsmängel kann aber nicht mit
lokalen Eingriffen oder einer simplen Einführung von Controlling
abgeholfen werden. Angezeigt ist vielmehr eine tiefgreifende Reform des
kirchlichen Führungssystems, speziell der obersten
Führungsebene. Als Vorbild kann ein von A. Jäger in seinem
Werk "Konzepte der Kirchenleitung für die Zukunft" vorgestelltes,
Controlling einschließendes Modell dienen.
Promotionsausschuß:
Vorsitzender: Prof. Dr. rer. pol. Carl-Christian Freidank
1. Gutachter : Prof. Dr. rer. pol. Lothar Streitferdt
2. Gutachter : Prof. Dr. theol. Wulf-Volker Lindner
Stellungnahmen der Gutachter bezüglich der Dissertation
"Zur Problematik des Kirchencontrollings ...":
Prof. Streitferdt: Herr Oetzmann hat sich in seiner Arbeit das Ziel
gesetzt zu untersuchen und zu klären, inwieweit
betriebswirtschaftliche Überlegungen helfen können, die
für die Kirche relevanten Probleme zu lindern, wo die
grundsätzlichen Chancen und Risiken eines auf die kirchlichen
Kernaufgaben konzentrierten Kirchencontrollings liegen, wie es
gestaltet werden kann und auf welcher Ebene es die größte
Wirksamkeit entfalten kann. Er wendet das Konzept des Controllings auf
eine sehr spezifische und schwierige Problemstellung an, bei der die
Kernaufgabe der Kirche im Mittelpunkt steht.
Prof. Lindner: Die Ergebnisse der Untersuchung konfrontieren die
Verantwortlichen in den Gemeinden, der Kirchenkreise und der
landeskirchlichen Ebene auf heilsam differenzierte Weise mit einer
Perspektive, die für Kirche erst einmal unvertraut ist wie
beispielsweise
der Kontrolle,
dem Willen, Erfolg haben zu wollen,
Neugestaltung des Visitationsverfahrens,
Führung der Führungskräfte (Superintendenten).
Diese neue Perspektive wird in der Praktischen Theologie und in den
Kirchen die wissenschaftliche und praktische Diskussion über das
Entstehen von Engagement, Erfolgserlebnissen und Zufriedenheit der in
der Kirche Tätigen und nicht zuletzt die Diskussion über die
Verbesserung der Produkte (Predigt, Seelsorge, Unterricht) neu beleben.
Verlag Rita Oetzmann, Auf dem Horn 5, 21220
Seevetal
ISBN
3-00-011651-6
Preis 28,- Euro
Stand der Dokumentation: Februar 2007
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